Urbane Raumaneignung in der TechnoSociety

Städte wie Wien oder München sind gegenwärtig im Wachstum begriffen, was die Zahl der EinwohnerInnen und die Bautätigkeit betrifft. Gleichzeitig stehen Gebäude, Wohnungen, Büros und Geschäfte leer und werden über längere Zeiträume nicht genutzt. Unterschiedliche AkteurInnen – u.a. verschiedene Abteilungen der Stadtverwaltung, HausbesitzerInnen, AnrainerInnen, Interessensgruppen, NGO’s und ForscherInnen – vertreten innerhalb dieses Spannungsfeldes unterschiedliche Positionen. Innerhalb der gegensätzlichen und doch zusammenhängenden Dynamiken von Stadtwachstum und Leerstand entwickeln und praktizieren sie unterschiedliche Strategien, um sich urbanen Raum anzueignen.

In diesem Projekt untersuche ich Praktiken der Aneignung von urbanem Raum mit ihren epistemischen, technischen, materiellen, sozialen, emotionalen, verkörperten, raum-zeitlichen und ökonomischen Dimensionen. Aneignung geht in dichten urbanen Räumen immer auch mit Enteignung einher. Es beinhaltet daher immer auch moralische und politische Fragen: Wie soll urbaner Raum verteilt werden? Wie kann Wohnen und Leben organisiert werden? Was sind legitime private und öffentliche Forderungen und Bedürfnisse und wie können diese ausgeglichen werden? Vor diesem Hintergrund spielen Wissen und Wissenspraxen eine wesentliche Rolle. Wie die AkteurInnen Sinn aus Stadtwachstum und Leerstand machen, hat soziale und materielle Auswirkungen – es erlaubt bestimmte Maßnahmen und Handlungen und blendet andere aus. Debatten und Praktiken urbaner Raumaneignung verhandeln somit die Verhältnisse zwischen Wachstum, Rückgang und Verdrängung.

Kontroversen rund um die Aneignung von Stadtraum sind kein neues Phänomen (man denke nur an die Hausbesetzungen in vielen deutschen und österreichischen Städten in den 1970er und 80er Jahren). Allerdings stellt sich die Frage, ob Raumaneignung unter den Konditionen einer TechnoSociety – einhergehend mit der Allgegenwärtigkeit technischer Innovationen und Anwendungen sowie mit einer Neuverteilung von Expertise und Handlungsmacht – eine spezifische Qualität hat.

Projektleitung:
Andrea Schikowitz

Zeitraum:
seit 2018

Projekttyp:
Postdoc-Projekt