Regionale Innovationskulturen 2.0 verstehen: Erkundung „verlorener“, „versteckter“ und „kreativer“ Innovationsregionen

Die Teilprojekte Lost Regions of Innovation und Hidden Regions of Innovation konzentrieren sich auf Regionen in der Peripherie und untersuchen Entwicklungsstrategien, die eingesetzt werden, um eine wünschenswerte Zukunft für ihre Bürger*innen zu schaffen, vor dem Hintergrund der politischen Erwartungshaltung, diese Zukünfte mit Innovation zu verbinden. Das Teilprojekt Cultivating Creativity in Urban Development Projects untersucht kreative Stadtteile als Räume, in denen das lokale Verständnis von lohnenswerten Innovationen ausgehandelt wird.

„Verlorene“ Regionen der Innovation 

Dieses Projekt untersucht „verlorene“ Innovationsregionen, d. h. Orte, die von industriellem Rückgang, politischer Polarisierung und wachsender Enttäuschung über das Versprechen von Innovation und dem damiteinhergehenden Wachstum, dasein besseres Leben für alle Bürger  schaffen sollte, gekennzeichnet sind. Verlorene Regionen stehen unter zunehmendem Druck, sich neuzuerfinden und zu entwickeln, wobei die politischen Entscheidungsträger erwarten, dass ihr Wandel mit Innovation verbunden ist. Die Mikrochip-Industrie wurde in letzter Zeit als High-Tech-Lösung für postindustrielle Gebiete dargestellt, insbesondere durch den U.S. CHIPs and Science Act, eine Politik, die verspricht, die Halbleiterherstellung „zurück“ nach Amerika zu bringen und die Regionen des Rostgürtels durch die Schaffung von Arbeitsplätzen, nationaler Bekanntheit und im Grunde genommen einer Zukunft zu sanieren. Anhand von Fallstudien in Upstate New York (USA), Columbus, Ohio (USA), Leuven (Belgien) und Dresden (Deutschland) wird in diesem Projekt untersucht, wie man sich Innovation vorstellt und wie die Halbleiterpolitik sowohl in den Regionen des Rust Belt als auch in den Regionen, die sie nachahmen wollen, aufgenommen wird. Die Fälle untersuchen, wie wünschenswerte Zukünfte konstruiert werden, wie sie mit Innovation in Verbindung gebracht werden und wie sich dieses Innovationsimaginär durch verschiedene soziokulturelle und politische Landschaften bewegt.

“Verborgene” Regionen der Innovation

Das Forschungsprojekt “Verborgene Regionen: Erforschung von Innovation in der Peripherie” untersucht, wie Regionen außerhalb der bekannten Metropolregionen und Innovationszentren mit dem Druck umgehen, sich als Innovationsführer zu positionieren und wie ihre Zukunft in den Augen der politischen Entscheidungsträger zunehmend an ihre wahrgenommene Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit geknüpft wird. Ein Fokus liegt hierbei auf mittelgroßen Städten mit relativem Wohlstand, die durch Hidden Champion-Industrien und einem starken sozialen sowie institutionellen Zusammenhalt charakterisiert sind. Das Projekt arbeitet mit einem ko-produktionistischem Forschungsansatz (Jasanoff 2004), wobei wissenschaftlich-technische und soziale Entwicklungen als sich gegenseitig bedingend betrachtet werden. Insbesondere geht das Projekt der Frage nach, wie globale Innovationsdynamiken kulturelle, sozioökonomische, historische und politische Kontexte auf lokaler Ebene gestalten und von diesen gestaltet werden. Innerhalb der ersten Projektphase gilt es dieser Frage im Kontext der Region Heilbronn-Frankens nachzugehen. Hierzu werden zentrale Akteur/innen aus den Bereichen Wirtschaft, Forschung, Bildung, Administration und Politik identifiziert und interviewt, um ihre Perspektiven auf die regionalen Innovationskulturen zu analysieren. In der zweiten Phase des Projekts werden diese Ergebnisse für einen Vergleich mit den Regionen Ostwestfalen-Lippe und Emilia-Romagna verwendet. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen das lokale Eingbettetsein von Innovationsdynamiken verdeutlichen, um so die Bedeutung regionaler Besonderheiten an der Schnittstelle zu gesteuerten Prozessen der urbanen Transformation herauszustellen.

Kreativitäts-Kulturen in der Stadtentwicklung

Ob auf dem Weg zu einer ökologischen und sozial gerechteren städtischen Infrastruktur ebenso wie zur wirtschaftlichen Wiederbelebung, Kreativ- oder Kulturbezirke sind eine beliebte staatliche Bewältigungsstrategie lokaler Herausforderungen, wobei Kreativität zu einem Grundpfeiler der Stadtentwicklung geworden ist. Hier prägt Richard Floridas Idee der „kreativen Klasse“ (2011) noch immer die Hoffnung, technologische Innovationen, Start-up-Szenen und eine bodenständigere, in Subkultur, Kunst und Protestbewegungen verwurzelte Szene synergetisch zusammenzubringen. Besonders vor dem Hintergrund supranationaler Entwicklungen wie dem Green New Deal und der Neuen Europäischen Bauhaus-Bewegung erscheint das Kreativquartier als ein Imaginationsort demokratischerer, inklusiverer und nachhaltigerer urbanen Zukunftsutopien, an dem die jeweiligen Verständnisse von lohnenswerten Innovationen und sozialer Ordnung (räumlich) verhandelt werden. Anhand umfangreicher Fallstudien zu Kreativquartieren und kreativitätsbasierten Entwicklungsstrategien in München (Deutschland) und Bristol (Großbritannien) untersucht das Projekt die lokalspezifischen Ansätze zur kreativitätsbasierten urbanen Transformation: Wie korreliert die jeweilige Staatslogik mit diesen Ansätzen? Wer gehört (nicht) zu den „kreativen Szenen“, und welche Vorstellungen von Kreativität, (Sub-)Kultur und Innovation kursieren hier? Und was bedeutet dies für die jeweilige Zukunft der Stadt?

 

 

 

Prof. Dr. Sebastian Pfotenhauer
Tel.: +49(89) 289 29222
Mail: sebastian.pfotenhauer@tum.de
Augustenstraße 46 80333 München

Projektleitung:
Prof. Dr. Sebastian Pfotenhauer

Projekttyp:
Drittmittelprojekt

Fördergeber:
DFG